Ich bin gut so wie ich bin

Ich bin gut so wie ich bin

Im Rahmen unseres Monatsthemas “Wertschätzung und Dankbarkeit” laden wir Dich durch den nachfolgenden Blogartikel dazu ein, heute den Blick auf Dich selbst zu lenken. Wir sollten nicht nur anderen unsere Wertschätzung zum Ausdruck bringen und ihnen unsere Dankbarkeit zeigen, sondern auch uns selbst in den Blick nehmen. Vielleicht auch gegen mögliche kritische Stimmen in uns, mit einem wohlwollenden Blick. Auch wenn du gerade zweifeln magst, vielleicht kann es Dir dennoch (irgendwann) gelingen, den folgenden Satz auszusprechen: Ich bin gut so wie ich bin! 

Die Akzeptanz und Wertschätzung Deiner Selbst tut nicht nur ganz allgemein gut, sondern gibt Dir vor allem in schwierigen Zeiten Stärke und beeinflusst Deine Widerstandsfähigkeit gegenüber Krisen und Veränderungen ganz wesentlich. 

Selbstbewusst-sein

Ich habe in 2022 ein Fotoprojekt gestartet, bei dem ich Frauen in verschiedenen Szenen vor einem Spiegel abgelichtet habe. Begleitend gab es dazu ein schriftliches Interview, in dem wir erkundet haben, wie die Frauen aufgewachsen sind, mit welchen Normierungen sie erwachsen geworden sind. Als Fotografin habe ich bisher wenig Frauen vor der Kamera gehabt, die sich selbst gern anschauen und voller Stolz in ihr Gesicht schauen. Genau das war die Motivation für mein Fotoprojekt betrACHTUNGsweise.

In einem anderen Kreis, dem der Gründerinnen und jungen Selbstständigen, nehme ich ebenso wahr, dass Bescheidenheit und vielleicht auch Unsicherheiten bis hin zu Selbstzweifeln dazu beitragen können, zu leise für sich zu werben. In meinen Angeboten für Gründer:innen und Selbstständige gibt’s immer wieder Hürden, sich nach außen mit allen Kompetenzen zu zeigen und Werbung für die eigene Person und das jeweilige Angebot zu machen. Gar nicht leicht, auf diese Weise wirtschaftlich erfolgreich zu werden und einer möglichen Berufung nachzugehen, oder? 

Dies sind nur zwei Beispiele, die mich zu dem diesem Blogartikel motivierten. Ich möchte Dich dazu einladen, einen anderen Blick auf Dich zu richten. Ja, vielleicht zu lernen, Dich anzunehmen, wie du bist und – Dir Deiner selbst – (selbst-) bewusst nach außen aufzutreten. 

Du bist großartig!

Eine unserer deutschen, eher preußischen Tugenden scheint die Bescheidenheit zu sein. Sie prägt oftmals noch heute unser Handeln. Grundsätzlich keine schlechte Eigenschaft, da sie Raum für andere lässt. Sich zurückzunehmen, der Überheblichkeit keinen Platz lassen, so dass wir Menschen uns auf Augenhöhe begegnen können. Was für ein schöner Ansatz. Drehen wir jedoch das Rädchen weiter, kann sich diese nach dem Werte-Entwicklungsquadrat von Schulz von Thun vielleicht sogar in Richtung Unterwürfigkeit oder auch Selbstverleumdung wandeln. Schau dazu auch gern in unserer Self-Care-Toolbox vorbei.

Zwischen Stolz und Unterwürfigkeit

Es ist gewiss keine leichte Aufgabe, sich wegzubewegen von einer gesellschaftlichen, in der Vergangenheit gültigen Tugend, uns neu einzupendeln zwischen Stolz und Unterwürfigkeit. Was mag das richtige Maß sein? Wenn es keine Vorgabe von außen gibt, wie wir zu sein haben, wie finden wir dies? 

Eine Herausforderung dabei ist, dass wir nicht losgelöst von anderen agieren, sondern uns in Gemeinschaft wiederfinden, in Kontexten, in denen es Reaktionen auf unser Verhalten gibt. Verändern wir uns, könnte jemand anderes vielleicht sogar ein mögliches Selbstbewusstsein als Überheblichkeit deuten. Für eine andere Person ist unser Verhalten vielleicht noch nicht selbstbewusst genug… Daher ist es umso wichtiger, dass wir gut im Kontakt zu uns und unseren Werten und Bedürfnissen sind. 

Du darfst Dir selbst wichtig sein!

Der Blick in den Spiegel oder auch hinter die Kulissen könnte sich lohnen. Hast du Dir schon mal folgende Fragen gestellt? 

  • Was macht Dich aus? 
  • Was ist Dir wichtig? 
  • Welche Werte treiben Dich an? 
  • Welche Bedürfnisse trägst du in Dir?
  • Welche vermeintlichen Unzulänglichkeiten, unliebsamen Eigenschaften sind Teil Deiner Persönlichkeit? 
  • Worauf bist du stolz? 
  • Was schätzt du an Dir? 

Wenn nicht, vielleicht wären genau diese Fragen ein erster Schritt in Richtung Veränderung – in mehr Selbstakzeptanz und “Ich bin gut so wie ich bin!”. Du musst nicht sofort Antworten darauf finden. Ich kenne Momente aus Coachings, in denen es Menschen sehr schwer fällt, den Blick auf sich zu richten. Scham macht sich breit. Wenn ich kommentiere und in meinen Worten beschreibe, was ich gehörte habe und was ich sehe, welche Kompetenzen, welche Werte, welche Eigenschaften, zum Beispiel auch im Spiegelbild während des Fotoprojektes oder in den Worten meines Coachees erkenne, können auch schon mal Tränen fließen. So ungewohnt ist es für einige, positiv wahrgenommen zu werden. 

Neben der gesellschaftlichen Prägung könnte auch das Elternhaus einen wesentlichen Anteil daran tragen, wie wir als Erwachsene auf uns selbst blicken. Einer Person, die in einem Elternhaus aufgewachsen ist, wo ein hoher Leistungsanspruch galt und erst auf Leistung oder auch nach Erfüllung äußerer Merkmale (athletischer Körper, schlanke Statur…), Anerkennung folgte, wird es vermutlich heute nicht leicht fallen, sich selbst auch ohne Anforderungserfüllung wertzuschätzen. 

Sich von familiärer und gesellschaftlicher Prägung freizumachen, ist keine kleine Aufgabe. Eines unserer psychologischen Grundbedürfnisse ist die Zugehörigkeit. Dennoch kann es sich lohnen, uns von anderen freizumachen. Vielleicht stehen wir zunächst allein da, die Sorge davor kann uns verunsichern, uns Angst machen. Oftmals ist es aber so, dass nach dem Freischwimmen andere Gefährt:innen unsere Wege teilen. 

Vielleicht stärkt und unterstützt Dich dazu das Gedicht von Kim McMillen, einer us-amerikanischen Autorin, die 1996 kurz vor ihrem Tod ihr Werk “When I Loved Myself Enough” geschrieben hat (zu Deutsch: „Als ich mich selbst zu lieben begann“). Es ist ein inspirierendes Werk zur Selbstliebe.

Wer sagt, wie wir richtig und wann falsch sind? 

Die Antwort ist für mich recht schlicht: Ich bin der festen Überzeugung, dass wir uns alle so verhalten dürfen, wie wir wollen. Die Grenze liegt da, wo wir andere Menschen verletzen. Wir sollten uns immer wieder die Frage stellen: 

Wie geht es mir gerade? Und will ich das, was ich gerade tue, wirklich? Tut es mir gut?  

Die Antworten helfen uns, ein Leben nach unseren Bedürfnissen und nicht nach den Vorstellungen anderer auszurichten.

Veränderung möglich machen

Wir wissen, dass Veränderung nicht über Nacht möglich ist. Ein erster kleiner Schritt ist, erst einmal den Entschluss zu fassen, sich auf den Weg zu machen, eine Veränderung hervorrufen zu wollen:  Was wünschst du dir? Was darf sich ändern?

Fotoprojekt betrACHTUNGsweise

Im Coaching würde ich Dich nun nach deinem nächsten kleinen Schritt in Richtung Deines Ziels fragen: 

  • Welcher wäre das? 
  • Woran würdest du merken, dass du diesen gegangen bist? 
  • Was würde Dein Umfeld bemerken? 
  • Wie kann es Dir möglich werden, diesen Schritt zu gehen, was und wen brauchst du als Unterstützung? 
  • Wie feierst du den Moment, die Etappe gegangen zu sein? 

Und dann geht es von dort aus weiter. Auf diese Weise können wir uns mit kleinen Schritten unserem Ziel nähern und Stück für Stück wachsen. Vielleicht findest du bereits für Dich Antworten auf die Frage und kannst Dich auf den Weg machen. Solltest du dabei merken, dass es Dir allein schwer fällt, Veränderungen möglich zu machen, dann suche Dir Unterstützung auf Deinem Weg. Dies können Freund:innen, Gleichgesinnte oder auch Berater:innen, Coaches oder Therapeut:innen sein. 

Was geschieht, wenn unser Selbstbewusstsein zunimmt? 

Wie schön wäre es, wenn wir uns etwas mehr davon freimachen könnten, was andere über uns denken und uns so zu lieben lernen wie wir sind? 

Es ist möglich, dass Dein Umfeld irritiert auf Deine Veränderung reagiert. Vielleicht gefällt ihnen auch nicht Dein neuer Auftritt, Deine Verhaltensweisen. Vielleicht werden auch Menschen in dein Leben eintreten, die ganz anders sind, Deine Art schätzen, von denen du zudem lernen kannst und die Dich so akzeptieren, wie du bist.

Mit all deinen Farben und deinen Narben – hinter den Mauern – ja ich seh‘ dich. Lass dir nichts sagen – nein, lass dir nichts sagen. Weißt du denn gar nicht, wie schön du bist? (Sarah Connor, Wie schön du bist)

Ich wünsche Dir, dass du dieses “Risiko” eingehen magst und Dich auf den Weg machst, Dich selbst noch mehr wertzuschätzen. Stell Dir vor, was dann möglich wäre?

Konflikt-Kommunikation
Geschrieben von:

Sandra Brauer

Sandra Brauer ist systemische Beraterin und Stressmanagement-Trainerin. Sie hat Betriebswirtschaftslehre studiert und begleitet Unternehmen und Einzelpersonen in Veränderungsprozessen. Ihre Schwerpunkt sind die Vermittlung digital-sozialer Kompetenzen und der Umgang mit mentalen Belastungen vor allem im Kontext des digitalen Strukturwandels. Sandra Brauer kann für individuelle Coachings, Moderation von Podiumsdiskussionen oder Netzwerkveranstaltungen sowie Impulsvorträgen gebucht werden.

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